Manfred Hellrigl

Warum ich dieses Buch nicht wegschmeiße

 

In meinem Regal steht ein altes, vergilbtes Taschenbuch. 

Aus den 1970er Jahren! 

Das sind gefühlte 200 Jahre her. 

Trotzdem würde ich das Buch nie wegschmeißen. 

Ich habe es gelesen, als ich 18 oder 19 war. 

Es war die Empfehlung eines Mädchens, in das ich damals verliebt war.

Unglücklich verliebt. 🥲 

Obwohl es mit uns nicht geklappt hat, werde ich ihr ewig dankbar sein. 

Denn dieses Buch hat mein Leben verändert. 

Wirklich. Ohne Übertreibung.

Das Buch hat mir damals die Tür zu einer anderen Welt eröffnet. Zu einer für mich völlig neuen Sichtweise. 

Seither sehe ich die Welt mit anderen Augen. 

Das Buch war „Haben oder Sein“ von Erich Fromm. 

Obwohl es fast 50 Jahre auf dem Buckel hat, finde ich es so aktuell wie eh und je.

3 Takeaways aus „Haben oder Sein“

1. Entweder du hast, oder du bist

Fromm unterscheidet zwei grundlegend verschiedene Arten, wie wir als Menschen durchs Leben gehen können: 

  • Wir können uns für das Haben und Habenwollen entscheiden. 
  • Oder für das Sein.

Im „Haben-Modus“ streben wir primär nach Besitz, Konsum und Macht. 

Je mehr wir davon haben, umso besser. 

Dahinter steht der einfache Gedanke: „Wenn ich das und das besitze, wenn ich das und das erreiche, dann geht es mir gut.“ 

Klingt logisch, oder? Und vertraut. 

So tickt unsere Gesellschaft. So tickt unsere Kultur. So tickt die Welt, in der wir leben.

Beim „Sein-Modus“ geht es nicht so sehr ums Haben, sondern um die konkrete Erfahrung. 

Du bist. Du erlebst. Du nimmst am Leben teil. 

Das Leben ist ein Ereignis, und du bist mittendrin.

2. Hast du Autorität? Oder bist du eine?

Ein Beispiel aus dem Buch hat mich damals besonders berührt. 

Fromm beschreibt, dass man z.B. Autorität „haben“ kann. Oder eine Autorität sein

Das hat mir unmittelbar eingeleuchtet. 

Ich kannte z.B. Lehrer in der Schule, die Autorität „hatten“. Sie hatten einen Titel oder ein Amt inne. Aber das hieß absolut nicht, dass sie von uns Schülern anerkannt waren. 

Um anerkannt zu werden, musste man eine Autorität sein

Ob jemand wirklich eine Autorität ist, kannst du unmittelbar spüren!

3. Warum funktioniert der Haben-Modus nicht?

Wenn du primär im Haben-Modus unterwegs bist, dann werden – ob du es willst oder nicht – Dinge, aber auch Menschen, Tiere und Pflanzen, zu Objekten degradiert. 

Du siehst sie nicht mehr als das, was sie sind. 

Du siehst nicht mehr das Geschenk und das Wunder in ihnen. 

Sie werden plötzlich zu einem Teil in deiner Sammlung. 

Du stellst sie ins Regal, aber sie leben nicht mehr. Sie sind tot. 

Und entsprechend schal und leer wird dein Leben. 

Dein Leben wird zu einem Museum: Lauter tote Dinge. 

Du hast dann zwar vielleicht das tolle Auto, das tolle Haus, den tollen Garten, den tollen Job, aber es gibt dir nichts. 

Und langsam wirst du selber ungenießbar. Oberflächlich. Unzufrieden.

 

Warum mir das Buch wichtig ist

Das Buch hat mir damals wie gesagt die Augen geöffnet. Ich nahm mir vor, den Weg des Seins zu gehen. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich das machen könnte. 

Erst ein paar Jahre später bin ich dann der Zen-Praxis begegnet. 

Und mir war klar: das ist es! 

Das absichtslose Sitzen, das Zulassen der Vergänglichkeit, die Erfahrung der Verbundenheit, das ist der Weg, den ich einschlagen möchte.

 

Welches Buch hat dein Leben verändert?