Das Tempo, mit dem sich die Welt verändert, ist atemberaubend. So schnell, dass kaum noch jemand mit dieser rasanten Entwicklung Schritt halten kann. Nicht einmal diejenigen, die sich an der Spitze der Bildungs- und Wohlstandspyramide wähnen.
Während wir uns noch über Errungenschaften wie weltanschauliche Offenheit, gesellschaftliche Vielfalt und das neueste Technologie-Update freuen, wird allmählich eine andere Frage immer drängender: Was hält uns als Gesellschaft eigentlich noch zusammen? Wenn ohnehin jeder in seiner eigenen Blase lebt, wozu brauchen wir dann noch menschliche Gesellschaft und Gemeinschaft? Familie? Freundschaft? Wenn jeder sein individuelles Glück maximiert, wenn jeder an sich selbst denkt, ist doch eh an alle gedacht!
Wie Zombies starren wir alle gebannt und fast ununterbrochen auf unsere glücksverheißenden Bildschirme, wo immer kürzere Clips unsere Aufmerksamkeit absorbieren. Hypnotisiert von den für uns maßgeschneiderten digitalen Verlockungen, nehmen wir kaum noch war, welchen Preis wir für diesen Rausch zahlen. Ohne, dass es uns groß auffällt, läuft im Hintergrund ein Lastschriftverfahren. Vom Klima-Konto wird ständig abgebucht. Vom Konto der Artenvielfalt. Vom Ressourcenkonto. Vom Begegnungskonto. Vom Beziehungskonto. Vom Familienkonto. Dieser Spaß kommt uns teuer zu stehen!
Die Ratenzahlungen sind bequem. Doch leider merken wir gar nicht, dass wir auch hier weit über unsere Verhältnisse leben und uns längst hoffnungslos verschuldet haben.
Auch wenn es unvernünftig erscheint: Es gibt gute Gründe, wegzuschauen. Wer will schon nüchtern sein, wenn es eine Chance gibt, sich abzulenken? Wer hat den Mumm, sich der kollektiven Trance zu widersetzen? Wer wagt es, über das nahende Ende der Party nachzudenken? Wer sieht das überhaupt als seine Aufgabe an? Ob man damit wohl Wahlen gewinnen kann? Ob das wohl Quoten und Likes bringt? Generiert das Umsatz? Kann man damit reich, berühmt und erfolgreich werden? Gibt es dafür vielleicht einen skalierbaren Businessplan?
Meine These: Der Wandel, den wir brauchen, kommt nicht von oben. Wenn, dann kommt er von unten: aus den Gemeinden und Regionen, also dort, wo echte Menschen leben, keine Avatare. Wo Menschen sich begegnen, keine Algorithmen. In realen Lebensräumen, nicht in virtuellen. Von Angesicht zu Angesicht. Wenn wir endlich wieder erkennen, dass wir nicht getrennt vom Rest der Welt existieren, sondern aufeinander angewiesen und eng miteinander verbunden sind. Wenn uns bewusst wird, dass wir nicht nur Konsumenten sind, sondern durch unser Denken und Handeln die Welt mitgestalten. Dass wir erstaunlich kreativ und handlungsfähig sind, wenn wir miteinander reden und kooperieren.