Manfred Hellrigl

 

Seit einer Weile bin ich beruflich viel in Italien unterwegs. Jedes Mal, wenn ich dort in ein Restaurant gehe, ist eine der ersten Fragen:

„Mit oder ohne Kohlensäure?“

Dann geht es weiter: „Sonst noch ein Getränk? Was essen? Antipasti? Primo? Secondo? Dolci? Noch einen Kaffee? Bar bezahlen oder mit Karte?“

Fragen über Fragen. Entscheidungen über Entscheidungen.

Von allen Lebewesen auf diesem Planeten sind wir Menschen wahrscheinlich die Spezies, die sich am meisten Fragen stellt. (Ich bezweifle jedenfalls, dass meine Katze viel zu grübeln hat.)

Bei den zahllosen Entscheidungen, die wir ständig treffen, übersehen wir leicht eine ganz grundsätzliche: die Entscheidung, welche innere Haltung wir im Leben einnehmen wollen.

Der griechische Stoiker Epiktet (ca. 50-138 n.u.Z.) bringt das gut auf den Punkt: 

Es gibt Dinge, die in unserer Kontrolle liegen, und solche, die außerhalb davon sind. 

Unserer Kontrolle unterliegen z.B. unsere eigenen Gedanken, Einstellungen und Handlungen. 

Äußere Umstände hingegen liegen nicht in unserer Kontrolle. 

Deshalb, so Epiktet, sollen wir vor allem darauf achten, welche innere Haltung wir einnehmen.

»Es sind nicht die Dinge selbst,
die uns beunruhigen, sondern die Meinungen,
die wir von den Dingen haben.«

Klar. Wir wollen auch die äußere Welt um uns herum mitgestalten. 

Aber sei dir bewusst, würde Epiktet sagen, dass deine wichtigste und möchtigste Entscheidung jene ist, welche innere Haltung du einnimmst.

Eine Haltung, die mir z.B. immer wieder aufs Gemüt schlägt, ist, wenn ich die Welt nur noch durch die Brille zu lösender Probleme sehe. Dann fühle ich mich wie ein Tennisspieler vor dem Ballautomaten: von einer endlosen Folge an Tennisbällen beschossen, die es abzuwehren gilt. 

Kein sehr ersprießlicher Modus! 

Deshalb versuche ich, sobald ich merke, dass ich wieder einmal in diesem Loop gelandet bin, an ein Sonnenblumenfeld zu denken. 

Dieser Anblick fasziniert mich immer wieder: Unzählige Pflanzen, die sich den ganzen Tag am Licht der Sonne ausrichten und sich mit ihr mitbewegen.

Statt auf Tennisbälle richte ich dann meinen Blick bewusst in die Richtung, aus der Licht, Kraft, Wärme und Energie kommen.

Kürzlich habe ich eine fantastische kleine Frage entdeckt, die mir hilft, den Sonnenblumen-Modus zu aktivieren:

Was ist das Beste,
das dir heute schon begegnet ist?

Dabei spielt es keine Rolle, ob es schon Abend, oder noch ganz früh am Morgen ist.

Diese harmlose kleine Frage bringt mich augenblicklich in einen anderen Modus.

Und da bin ich einer Meinung mit Epiktet: Die wichtigste Entscheidung, die du in deinem Leben treffen kannst, die jene deiner inneren Haltung, deiner inneren Einstellung. 

Worauf willst du dich konzentrieren? Wonach willst du dich ausrichten? Dich orientieren?

Bist du heute schon gesessen?