Wir alle kennen das: Unser Denken verfolgt uns manchmal wie ein hartnäckiger Schatten.
Wir liegen nachts wach im Bett. Gedanken jagen im Kopf wie ein Autorennen.
Verdammt! Ich wollte doch schlafen!
Aber: Wie kann ich dieses Gedankenkarussell stoppen?
Wenn wir lernen wollen, friedlicher mit unseren Gedanken zu sein, hilft vielleicht ein Blick auf das Zusammenspiel von Gedanken und Gefühlen.
Wie?
Nun, Gedanken und Gefühle tanzen ständig im Kreis.
Ein Gedanke bringt ein Gefühl hervor, das Gefühl einen weiteren Gedanken, und so weiter.
Der echte Trick besteht darin, zu verstehen, dass wir Gefühle nicht einfach wegdenken können.
Gefühle wollen gefühlt werden – auch die chaotischen, überwältigenden und verwirrenden. Dazu sind sie da!
Tatsächlich fühlen wir uns aber oft sicherer in der Welt der Gedanken.
Gedanken sind klarer, rationaler, kontrollierbarer, oder?
Aber was sind eigentlich Gefühle?
Eine kleine Gefühlsfibel
Ein Freund hat mir kürzlich ein Buch empfohlen, das die verschiedenen Arten von Gefühlen recht übersichtlich aufschlüsselt. Ich finde das so hilfreich, dass ich es hier mit dir teilen möchte.
Im Wesentlichen gibt es demnach fünf verschiedene Arten von Gefühlen:
- Körperliche Empfindungen – Dazu gehört alles, was uns die fünf Sinne vermitteln: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen. Sie schenken uns die wunderbare Welt der Farben, Klänge, Düfte, Geschmäcker und Berührungen und sind das Fundament unserer Wahrnehmung.
- Überlebensgefühle – Sie liefern uns sozusagen die Grundausstattung für das menschliche Überleben in Form von Hunger, Durst, sexueller Erregung, Eifersucht, Gier, Neid. Diese Gefühle drängen uns, das Leben fortzuführen (oder uns gegen unsere Geschwister im Kuchenstreit zu behaupten).
- Soziale Gefühle – Sie sind unsere Brücke zur Welt: Trauer, Scham, Angst, Wut und Freude. Sie sind wie ein internes Navi, das uns sagt (oder sagen sollte!), wie wir uns im sozialen Dschungel zurechtfinden.
- Emotionen – Wenn Gefühle ins Fitnessstudio gehen. Emotionen sind X-large-Gefühle, die sich aufgestaut haben, weil wir sie (noch) nicht richtig verarbeitet haben. Durch den Stau bekommen sie noch viel mehr Kraft, als sie eigentlich hätten, und „bewegen“ uns. Emotionen lassen sich nicht so leicht abzuschütteln und ignorieren. Sie verlangen (und zwingen uns geradezu) nach unserem bewussten Umgang mit ihnen.
- Und dann sind da noch die spirituelle Gefühle: Liebe, Mitgefühl, Hingabe, Vertrauen. Diese Gefühle heben uns aus dem reinen Überlebensmodus hinaus auf ein anderes Level. Und sie verbinden uns auf tiefere Weise mit uns selbst und anderen.
Die Praxis: Gefühle auf dem Kissen
In der Meditation haben wir die Möglichkeit, Gefühle nicht nur zu betrachten, sondern sie wirklich zu berühren und zu fühlen.
Fühlen und Denken sind zwei völlig unterschiedliche Ansätze.
Probier es doch einmal aus, wenn du das nächste Mal meditierst:
- Was fühle ich gerade? Kann ich meine Gefühle wahrnehmen, sie annehmen und ihnen Raum geben?
- Gelingt es mir, sie einfach nur wahrnehmen, ohne etwas zu verändern?
- Wie fühlt es sich an, mit diesen Gefühlen zu sitzen, ihnen Raum zu geben, sie vielleicht sogar sanft zu umarmen?
- Was passiert dann?
Versuch es einmal. Lass deine Gedanken ihren Tanz tanzen – sie werden sowieso nicht aufhören.
Aber gönn dir den Raum, die Gefühle einfach da sein zu lassen, ohne etwas ändern zu müssen.
Bist du heute schon gesessen?
P.S.: Wenn du auch das noch liest, möchtest du wahrscheinlich wissen, welches das Buch war, das ich im Text erwähnt habe. Hier ist es: Vivian Dittmar (2014): Gefühle und Emotionen. Eine Gebrauchsanweisung.